Dringlichkeitsantrag:

Veröffentlicht am 19.10.2014 in Ratsfraktion

Verabschiedung einer Resolution an den Deutschen Bundestag zum geplanten Freihandelsabkommen

Der Stadtrat möge eine Resolution an den deutschen Bundestag zu den geplanten Freihandelsabkommen beschließen. Die Verhandlungen dauern nun schon sehr lange an, ohne dass die Öffentlichkeit mit eingebunden wird. Noch bevor es zum Abschluss kommt, sollte unbedingt durchgesetzt werden, dass die Interessen der Kommunen bei den Verhandlungen würdig vertreten werden. Der Deutsche Städtetag hat sich dahingehend bereits im April 2014 geäußert und im Oktober 2014 gemeinsam mit dem Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund und dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. ein gemeinsames Positionspapier  zu internationalen Handelsabkommen und kommunalen Dienstleistungen verabschiedet, aus dem eindeutig hervorgeht, dass die Organisationsfreiheit der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge nicht angetastet werden darf.

Vorschlag für die Resolution:

Angesichts der zu erwartenden Auswirkungen auf die kommunale Daseinsvorsorge durch das derzeit weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelte Handels- und Investitionsabkommens zwischen EU und USA (TTIP), den bekannt gewordenen Inhalten des geplanten Handelsabkommens mit Kanada (CETA) sowie angesichts der laufenden Verhandlungen zu einem plurilateralen Abkommen zum „Handel mit Dienstleistungen“ (Trade in Services Agreement – TISA) bittet der Stadtrat der Stadt Landshut den Deutschen Bundestag darum, Folgendes bei der EU-Kommission und der Bundesregierung einzufordern:

  • Mindestens einE VertreterIn für die deutschen Kommunen nimmt ab sofort an den Verhandlungen teil und informiert die kommunalen MandatsträgerInnen in Deutschland über alle ihren Zuständigkeitsbereich betreffenden Inhalte der Verhandlungen.
  • Bevor sie verabschiedet werden, werden die ausgehandelten Vertragstexte von TTIP und TISA den Interessensverbänden der Kommunen und kommunalen MandatsträgerInnen in Deutschland zur Kommentierung vorgelegt.
  • Für diese Prüfung ist ein ausreichender Zeitraum vorzusehen.
  • Die Interessenverbände der deutschen Kommunen bekommen vor der Abstimmung über diese Abkommen die Möglichkeit zur Stellungnahme und Diskussion vor dem EU-Parlament beziehungsweise dem Deutschen Bundestag und Bundesrat.
  • Bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP ist dafür Sorge zu tragen, dass bestehende europäische Umwelt-, Gesundheits- und  Sozialstandards künftig nicht als „Investitionshemmnisse“ von einem Schiedsgericht ausgehebelt werden können.
  • Der Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge unter Einschluss der öffentlichen Dienstleistungen (zum Beispiel Wasserversorgung und Abfallentsorgung) wird vom Geltungsbereich des Freihandelsabkommens ausgeschlossen, indem im Abkommen in einer Positivliste jene Bereiche aufgelistet werden, die vom Abkommen erfasst sein sollen.

Als Begründung verweisen wir auszugsweise auf den Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Städtetags vom 12. Februar 2014 in München:

Die Europäische Union und die USA haben am 13. Februar 2013 beschlossen, Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP) aufzunehmen, mit dem Ziel die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen durch dieses Abkommen zu vertiefen.

Grundlage dieser Verhandlungen ist ein vom Rat der Europäischen Union erteiltes Mandat, welches jedoch offiziell nicht veröffentlicht wurde. Nach Abschluss der Verhandlungen müssen das Europäische Parlament und der Rat dem Vertragstext des Abkommens im Ganzen zustimmen oder ihn ablehnen. Nach  seiner Ratifizierung wird das Freihandelsabkommen für die Mitgliedstaaten bindend. Damit wird es Anwendungsvorrang vor dem europäischem Sekundärrecht, wie beispielsweise Verordnungen und Richtlinien, sowie nationalem Recht haben. Dieses rechtliche Gewicht des Abkommens verstärkt seine mögliche Bedeutung für die kommunale Daseinsvorsorge.

Die EU-Kommission verhandelt zwar das vom Parlament ratifizierte Mandat, der genaue Wortlaut dessen und aller weiteren Verhandlungsdokumente – und damit auch detaillierte Informationen über mögliche Ausnahmen im Bereich der Daseinsvorsorge – sind für die Öffentlichkeit jedoch nicht zugänglich. Je nach Ausgestaltung und Wortlaut des Abkommens, könnten Teile der kommunalen Daseinsvorsorge unter den Anwendungsbereich der Handels- und Investitionspartnerschaft fallen. Auch wenn TTIP nicht direkt die Organisationsformen und -aufgaben der öffentlichen Verwaltung regelt, können sich die Inhalte des Abkommens indirekt auf die kommunale Organisationsfreiheit auswirken.

Daher ist es wichtig, sicherzustellen, dass die Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge prinzipiell nicht von einer transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft erfasst sind. Insbesondere darf eine Rekommunalisierung von Aufgaben nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt ebenso für das seit Juni 2013 von der EU-Kommission verhandelte „Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen“ (Trade in Services Agreement – TISA), welches nationale Dienstleistungsmärkte öffnen soll. Die Gefährdung der Daseinsvorsorge besteht bei neuen Handelsabkommen im Allgemeinen darin, dass sie über das geltende Recht der Welthandelsorganisation, also dem „Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen“ (General Agreement on Trade in Services, GATS) hinausgehen. Es besteht die Befürchtung, dass Investitionsschutzklauseln, wie sie auch im TTIP enthalten sein dürften, mittelbare Auswirkungen auf die Gestaltungsfreiheit der Kommunen bei der Organisation ihrer Aufgaben haben könnten. Unternehmen wäre es im Rahmen einer Investitionsschutzklausel erlaubt, Staaten vor nicht öffentlichen, demokratisch nicht kontrollierten Schiedsgerichten auf entgangene Gewinne zu verklagen.

Die Erbringung zahlreicher Aufgaben der Daseinsvorsorge durch kommunale und öffentliche Einrichtungen hat in unserer Gesellschaft eine lange Tradition und hat sich bewährt. Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass die Steuerung und Kontrolle der Leistungen der Daseinsvorsorge durch demokratisch legitimierte kommunale Vertretungskörperschaften erfolgt. Damit stellt die kommunale Daseinsvorsorge ein wichtiges Element eines bürgernahen Europas dar, dem die EU und die Mitgliedstaaten gleichfalls verpflichtet sind.

Die öffentliche Daseinsvorsorge darf daher insbesondere in den Bereichen, in denen sie wichtige Aufgaben in nicht-liberalisierten Märkten wahrnimmt, keinesfalls einer Liberalisierung unterworfen werden. Darunter fällt insbesondere die Wahrnehmung der Aufgaben in der Wasserver- und Abwasserentsorgung.

Demnach ist die Bundesregierung aufgefordert, sich in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden gegenüber der EU-Kommission für die Belange der Kommunen einzusetzen und darauf hinzuwirken, dass diese beim Abschluss eines Handelsabkommens zwischen EU und USA – und allen weiteren Handelsabkommen – berücksichtigt werden. Die Organisationsfreiheit der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge sowie das Recht, die Art und Weise der lokalen Daseinsvorsorge zu gestalten, dürfen nicht angetastet werden.

SPD-Stadtratsfraktion

 

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