„Viele überlegen, ob sie aufhören“

Veröffentlicht am 28.08.2013 in Familie

Kindertagesmütter kommen an die Grenzen von Finanzierung und Belastung

Unter dem Motto „Das Maß ist voll!“ haben sich die SPD-Frauen vor kurzem in einer Diskussionsveranstaltung über die Auswirkungen der Novellierung des bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes ausgesprochen. Sie sagen voraus, dass viele kleine Einrichtungen schließen könnten, weil sie durch das Gesetz mit zu wenig Geld und zu viel Bürokratie an ihre Grenzen kämen.

Die hochkarätig besetzte Diskussionsveranstaltung überraschte einige Gäste mit Fakten, die sie so noch nicht gehört hatten. So war Stadträtin Maria Haucke (SPD) sehr überrascht über die Aussagen der Referentinnen, dass die Einkommen der Tagesmütter kaum den Aufwand deckten, dass die Verwaltungstätigkeiten viel zu kompliziert und zeitraubend seien und die Gesetzesnovellierung mit einer Beschränkung auf acht Verträge für die Betreuung von acht Kindern das Arbeiten fast unmöglich mache. Haucke will sich gleich für eine Verbesserung der Situation der Tagesmütter einsetzen.

Die Diskussion zeigte, dass vor allem die kleinen Kinderbetreuungseinrichtungen Schwierigkeiten haben. So sagte Anette Heidrich, die als Mutter von vier Kindern und Diplombetriebswirtin jetzt Tagesmutter ist und auch im Landesverband für Kindertagespflege die Position der Tagesmütter vertritt, nach der Novellierung des Gesetzes dürfe sie nur noch acht Kinder in einer Einrichtung betreuen. Erst mit 13 Kindern hätte sie jedoch kostendeckende Einkünfte gehabt.
Mit einem Stundenentgelt von 2,85 bis 6,70 Euro pro Kind können die Kosten für eine angemietete Wohnung, Verpflegung, Betriebskosten kaum erwirtschaftet werden. Nun komme noch die Begrenzung der Kinderzahl hinzu. Kommentar aus dem Plenum: „Das hört sich an, wie abgewürgt und totgespart“.

Anette Heidrich forderte, das „verfehlte Gesetz“ zu ändern, die berufliche Leistung und Qualifikation der Kindertagesmütter auch finanziell besser zu würdigen und es zu ermöglichen, dass eine Kindertagsmutter mehr als acht Verträge abschließen kann. Ein Stundenlohn unter 5,50 Euro pro Kind sei nicht akzeptabel. Für die Tagesmütter fehle auch ein einheitliches Berufsbild. Eine Förderung der Gruppen anstelle einzelner Kinder verlangte die Landtagsabgeordnete Johanna Werner-Muggendorfer. Erfolglos habe man sich bisher gegen das Gesetz ausgesprochen, dem veränderliche und zu hinterfragende Bewertungsmaßstäbe zugrunde längen.

Unverständliche Formeln

Die Berechnung nach Basiswert mal Buchungsfaktor mal Gewichtsfaktor für die Kosten sei fragwürdig für die Beitragsanteile der Gemeinden und der Eltern. Viele Gemeinden würden ohnehin in der Realität den Beitrag der Eltern selbst zahlen, wenn diese damit Schwierigkeiten hätten. Werner-Muggendorfer: „Der Effekt, dass nun mehr Kinder in die Welt gesetzt würden, wird nicht damit erreicht, dass man Kosten-Nutzen-Analysen macht.“ Der Bedarf sollte nicht nach einzelnen Kindern, sondern so, wie bereits früher geschehen, nach Gruppen berechnet werden.

Werner-Muggendorfer bekam dafür nachhaltigen Applaus. Einige Diskussionsteilnehmer fanden, die Gesetze regelten nur noch Kosten-Nutzen-Erwägungen und die Kinder stünden zu wenig im Mittelpunkt.
Marion Winter, Geschäftsführerin einer Montessorischule und Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) Bayern, kritisierte, dass das Betreuungsgeld auch Eltern bekämen, die es eigentlich gar nicht bräuchten. An der Praxis störe sie „vor allem die überbordende Bürokratie“, mit der die kleinen Betreuungseinrichtungen konfrontiert seien. Sich für diese Arbeit eine Fachkraft zu leisten, sei für die kleinen oder privaten zu teuer. Wie man aus der Runde hören konnte, haben die größeren Einrichtungen damit weniger Probleme.

Aus Sicht der Frauen in der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) sind viele Themen, angefangen von der Wertschätzung der Arbeit von qualifizierten und gut ausgebildeten Frauen über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Karrieremöglichkeiten bis zu Rentenfragen heute noch aktuell.

Maria Haucke hat es schließlich auf den Punkt gebracht: „Das sind nicht nur unsere Themen, das geht die Männer genauso an. Wir dürfen nicht nur davon reden, dass das alles nur Frauenaufgaben oder -probleme sind.“

Bildunterschrift:

Sechs Kämpferinnen und ein Kämpfer für Chancengleichheit (von links): Katja Reitmaier, (Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) - Bezirksvorsitzende Niederbayern, Marion Winter, Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) Bayern, Annette Heidrich, Tagesmutter, Micky Wenngatz, Vorsitzende der ASF Bayern, Johanna Werner-Muggendorfer (SPD) MdL, Harald Unfried (Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen) und Bezirkskandidatin Anja König (Foto: kes)

Text:
Von Kerstin Schröder

 

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